Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2022 vorgestellt – 6 Prozent mehr Straftaten als im Vorjahr – Aufklärungsquote der Polizei erneut gestiegen

Der Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Volker Ortgies, und der stellvertretende Leiter der Kriminalpolizei, Kriminaldirektor Benjamin Siebert, haben heute (6. März 2023) die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2022 für Bremerhaven vorgestellt.

In der Stadt Bremerhaven wurden 2022 insgesamt 13.100 Straftaten in der PKS erfasst. Dies entspricht einer Steigerung von 6 Prozent, somit einem Plus von 745 Taten gegenüber dem Vorjahr. Im Gleichklang ist damit auch eine Steigerung von 6 Prozent auf 11.575 bei der Häufigkeitszahl (Straftaten pro 100.00 Einwohner) festzustellen. Nachdem in 2021 noch ein Rückgang der Fallzahlen registriert werden konnte, nähern sich die Zahlen nun dem Niveau von 2020 an. Die Aufklärungsquote steigt auf 52,8 Prozent (50 Prozent in 2021) und liegt somit zum zweiten Mal in Folge bei 50 Prozent und mehr.

Kritisch betrachtet der Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven die Entwicklung im Bereich der Gewaltdelikte. Hier ist ein Anstieg des Anteils an der Gesamtkriminalität von 4,4 Prozent auf 5,1 Prozent zu beobachten. „Wir müssen feststellen, dass es eine zunehmende Tendenz in der Gesellschaft gibt, Konflikte nicht durch Kommunikation, sondern durch die Anwendung von Gewalt zu lösen“, führt Volker Ortgies dazu aus. Neben den herausragenden Tötungsdelikten zeigt sich diese Entwicklung insbesondere bei den Raubdelikten mit einem Anstieg um 26,5 Prozent (191 Fälle in 2022, 151 Fälle in 2021).

Mit 25,7 Prozent ist dieser Trend ebenfalls bei den angezeigten Körperverletzungsdelikten festzustellen. Im Jahr 2022 stieg die Zahl von 1263 (2021) auf 1587 Fälle. Die Aufklärungsquote in diesem Deliktsfeld bewegt sich seit 2017 auf einem stabilen Niveau von 84 Prozent und mehr. Auch in 2022 wurden 88,3 Prozent aller Taten in diesem Deliktsfeld aufgeklärt. Das ist nicht überraschend, denn Körperverletzungsdelikte werden überwiegend im sozialen Umfeld im Kontakt mit Freunden, Bekannten oder der Familie registriert. Vor dem Hintergrund der Aufhebung der Corona-Maßnahmen und der wirtschaftlichen Entwicklungen ist eine vermehrte Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung zu verspüren, die häufig in verbalen oder körperlichen Auseinandersetzungen enden können. „Wir stellen häufig fest, dass die Kolleg:innen am Einsatzort die Rolle als Mediator einnehmen, um zwischen den Parteien zu vermitteln“, stellt der Direktor der Ortspolizeibehörde dar.

Im Bereich der häuslichen Gewalt hält in diesem Jahr der kontinuierliche Anstieg der Fallzahlen weiter an. So wurde im Vergleich zum Vorjahr (592 Fälle) ein Plus von 11,7 Prozent für das Jahr 2022 (661 Fälle) festgestellt. Volker Ortgies ist sich sicher, dass die Gesellschaft durch die Umsetzung des Landesaktionsplanes zur Istanbul Konvention und die vielen Maßnahmen in den Behörden, insbesondere auch in der Polizei, für das Thema sensibilisiert wurde. Das Anzeigeverhalten von Betroffenen, Familienangehörigen, Nachbarn oder anderen Kontaktpersonen wurde dadurch gefördert. Er führt weiter aus: „Es ist uns gelungen, das Hellfeld in diesem Deliktsbereich zu vergrößern und damit den Betroffenen von häuslicher Gewalt im Zusammenwirken mit anderen Behörden und Organisationen Hilfe und Unterstützung anbieten zu können.“ Benjamin Siebert ergänzt: „Gewalt im häuslichen Umfeld darf kein Tabuthema sein.“

Im Gegensatz zum Vorjahr wird bei der Gewalt gegen Polizeibeamte und -beamtinnen in diesem Jahr ein Anstieg um 8,8 Prozent (91 Fälle in 2021, 99 Fälle in 2022) festgestellt. Neben dem ausbleibenden Respekt kann dies auch auf die aufgehobenen Corona-Maßnahmen zurückgeführt werden. Der Besuch von Gaststätten und Veranstaltungen und der damit oftmals einhergehende Konsum von Alkohol führen vermehrt zu einem hemmungslosen Handeln gegenüber von Einsatz- und Rettungskräften. „Besonders beunruhigend ist hier der Trend, dass häufig Videos solcher Übergriffe in den sozialen Medien geteilt und gehypt werden“, führt Volker Ortgies aus. „Hier ist ein Umdenken in der Gesellschaft wünschenswert und mehr Unterstützung für die Menschen, die sich täglich für ihre Mitmenschen und deren Sicherheit, die Gesellschaft und den Staat einsetzen.“

Mit insgesamt 42,7 Prozent haben die Diebstahlsdelikte den größten Anteil an der Gesamtkriminalität in der Stadt Bremerhaven. Im Vergleich zum Vorjahr ist eine Abnahme um 3,5 Prozent festzustellen. Ein positiver Trend zeigt sich insbesondere bei der Betrachtung der Diebstähle unter erschwerenden Umständen. Hier ist mit 2.486 Fällen sogar eine Abnahme von 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2913 Taten in 2021) festzustellen. „Die vielen getroffenen Maßnahmen im Einsatz- und Ermittlungsdienst wirken sich positiv aus“, erläutert Benjamin Siebert. Während der Wohnungseinbruchdiebstahl mit 327 registrierten Fällen (291 im Vorjahr) leicht angestiegen ist, werden Rückgänge bei schweren Diebstählen aus Boden- und Kellerräumen um 27,5 Prozent und bei schweren Diebstählen aus Büros und Werkstätten um 9,6 Prozent festgestellt. Benjamin Siebert ergänzt dazu, dass der positive Trend im Bereich der Diebstahlsdelikte die Polizei in ihrem Vorgehen bestärkt und dass diese den eingeschlagenen Weg fortsetzen wird, um auch zukünftig in diesem Handlungsfeld präsent zu sein.

Das Jahr 2022 war mit einer Vielzahl von Herausforderungen für die Ortspolizeibehörde verbunden. Die zahlreichen Einsätze rund um die Corona-Demonstrationen, den Amoklauf im Mai 2022, die umfangreichen Ermittlungen in den verschiedenen Mordkommissionen und den vielen Ermittlungsgruppen haben die Polizei vor dem Hintergrund der steigenden Fallzahlen und einer hohen Personalfluktuation ständig gefordert. „Trotz dieser enormen Belastungen ist es uns gelungen, eine hohe Anzahl von Straftaten zu bearbeiten und eine hohe Aufklärungsquote zu erzielen. Dies unterstreicht die hohe Einsatzbereitschaft und das Engagement aller Beschäftigten für die Bürger und Bürgerinnen in der Stadt Bremerhaven“, führt der Direktor der Ortspolizeibehörde, Volker Ortgies, aus.

Weitere Aussagen zur Polizeilichen Kriminalstatistik für 2022:

Nach den Diebstahlsdelikten (38,9 Prozent) weisen Sachbeschädigungen (12,4 Prozent) und Betrugsdelikte (11,4 Prozent) mit weitem Abstand die höchsten Anteile an der Gesamtkriminalität auf.

Im Bereich der Kfz-Kriminalität ist ein Anstieg beim schweren Diebstahl von Fahrzeugen um 25,6 Prozent auf 49 Taten (39 im Vorjahr) zu verzeichnen. Im Bereich des Diebstahls aus Kfz sinken die registrierten Fälle um 18,9 Prozent auf 400 Taten (Vorjahr 493).

Der Diebstahl von Fahrrädern ist mit 501 Taten (544 in 2021) um 7,9 Prozent gesunken. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote auf 15 Prozent (12,5 Prozent im Vorjahr) gestiegen.

Taschendiebstähle nahmen um 46,7 Prozent zu. Die Geschädigten werden beispielsweise von den Tätern auf offener Straße umarmt, und dabei werden die Wertgegenstände, wie das Portmonee oder ähnliches, aus den Taschen entwendet. Insbesondere Ältere oder Betrunkene werden oftmals Opfer, da die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt ist und sie in der Regel eine schlechtere Täterbeschreibung abgeben können.

Die Fälle von Sachbeschädigungen steigen um insgesamt 20,9 Prozent (1630 Fälle in 2022, 1.348 Fälle in 2021). In 305 Fällen wurde im Jahr 2022 eine Sachbeschädigung durch Graffiti angezeigt. Im Vergleich zum Jahr 2021 mit 279 Fälle bedeutet dies einen Anstieg von 9,3 Prozent.

Innerhalb der Betrugsdelikte verzeichnet der Warenkreditbetrug einen Rückgang der Fallzahlen um 19,9 Prozent. Der Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter unbarer Zahlungsmittel
(+ 100,8 Prozent) sowie der Warenbetrug (+ 17,1 Prozent) erweisen sich als Treiber der Fallzahlen.

Die Anzahl der Sexualdelikte ist um 17,4 Prozent gestiegen. Dies ist überwiegend auf einen Anstieg von Fällen exhibitionistischer Handlungen sowie sexueller Belästigungen zurückzuführen.

Die Straßenkriminalität bewegt sich wieder in Richtung des Niveaus vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Trotz 12,3 Prozent Steigerung zum Vorjahr erreichen die Zahlen bisher aber nicht die Werte aus den Jahren vor 2021.

Die Straftaten gegen ältere Menschen verzeichnen einen Rückgang um 41,6 Prozent. Die Schadenssummen sind trotz dieser Entwicklung im Jahr 2022 um ca. 4,5 Prozent angestiegen (~ 168.000 Euro in 2022, ~160.000 Euro in 2021).

Die Anzahl der vorsätzlichen und schweren Brandstiftungen befindet sich mit 19 Taten auf dem Niveau des Vorjahres mit 20 Taten. Hingegen stieg die Aufklärungsquote auf 63,2 Prozent und erreicht damit einen Höchststand seit 2017.

Insgesamt konnten 4.307 Tatverdächtige von der Polizei ermittelt werden. Davon waren 25,3 Prozent weiblich.

Weitere Informationen finden Sie auf www.polizei.bremerhaven.de im Bereich Service -> Statistiken.

Zurück